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Erfolgskriterien in der Steuerberaterprüfung

Es schreibt für Sie:

Alexandra Kandler
Lehrgangsmanagerin bei KNOLL und selbst auch Steuerberaterin,
kennt sich mit dem steinigen Weg zum Berufstitel aus.

Steuerfachwirt – der kleine Steuerberater

Das Bundesministerium der Finanzen veröffentlicht alljährlich nach Beendigung der Steuerberaterprüfung die Statistik über den Erfolg der Prüfungsteilnehmer*innen (inkl. Teilnehmende, die vorzeitig zurückgetreten sind). Dieser Statistik kann man nicht nur die rekordverdächtigen Durchfallquoten von meist über 50 % entnehmen, sondern auch, inwieweit die Bewerber*innen in Abhängigkeit ihrer Vorbildung unterschiedlich erfolgreich sind.

Die hier genannten Werte beziehen sich auf die Steuerberaterprüfung 2018/2019. Die statistischen Daten für 2019/2020 werden voraussichtlich im Juni 2020 zur Verfügung stehen, wenn alle mündlichen Prüfungen abgeschlossen und ausgewertet sind.

Steuerliche Erfahrung und damit einhergehend breites steuerliches Wissen scheint – wider Erwarten - nicht ausschlaggebend für den Erfolg zu sein; eine Praxiszeit von 10 Jahren führt sogar für lediglich 25,6 % (Vorjahr 22,0 %) zu einer erfolgreich absolvierten Steuerberaterprüfung. Im Vergleich hierzu lag die bundesweite Bestehensquote aller Teilnehmer*innen in 2018/2019 bei 57,5 % (Vorjahr 50,5 %). Dahingegen scheint aber eine bereits vorliegende berufliche Qualifikation aus dem steuerlichen Bereich - mit erheblich weniger Praxiserfahrung - der Grundstein für den Erfolg zu sein. Ein Widerspruch?

Eine ausführliche Analyse mit Video finden Sie hier: Zu den Zahlen und Fakten zur Prüfung 2018/2019

Einschlägige Vorbildung entscheidend

Die Strukturdaten der Steuerberaterprüfung 2018/2019* zeigen, dass Diplom-Finanzwirt*innen zu 90,8 % (Vorjahr 83,0 %) und Steuerfachwirt*innen zu 64,4 % (Vorjahr 54 %) die Steuerberaterprüfung erfolgreich absolvieren. Die von diesen Berufsgruppen für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung erforderliche Praxiserfahrung liegt bei Diplom-Finanzwirt*innen bei 3 Jahren und bei Steuerfachwirt*innen  bei 7 Jahren (für Prüfungen nach dem 31.12.2020 bei insgesamt 6 Jahren). Ist nicht zu erwarten, dass Leute aus der Praxis durch ihre langjährige, steuerliche Praxiserfahrung das notwendige Wissen für die Steuerberaterprüfung leichter abrufen können als diejenigen, die sich dieses Wissen in vergleichsweiser kurzer Zeit für die Prüfung aneignen?

Keine reine Wissensabfrage

Beleuchtet man, warum die Steuerberaterprüfung eine der anspruchsvollsten Berufszugangsprüfungen ist, kann man feststellen, dass diese Prüfung keine reine Wissensabfrage ist. Würde der Teilnehmer/die Teilnehmerin das theoretische Wissen zu 100 % verinnerlicht und abrufbar bereithalten, wäre dennoch nicht gewährleistet, dass er/sie auch die für das Bestehen der Prüfung  notwendigen Punkte erreicht. Woran liegt dies?

Zum einen wird bei der Bewertung des Prüfungsergebnisses die überwiegende Zahl der Punkte für die Darstellung des Lösungswegs und nicht lediglich für das steuerlich richtige Endergebnis gegeben. Wer somit den effizienten, praktisch besten Weg einschlägt, verliert wichtige Bewertungspunkte, die für den detailliert beschriebenen Lösungsweg vergeben werden. Hinzu kommt, dass die Bearbeitungszeit für die dargestellten Fälle außerordentlich kurz ist, so dass die Kunst in der Formulierung einer knapp gefassten Ausführlichkeit besteht. Hinzu kommt die körperliche Herausforderung, eine handschriftliche sechsstündige Ausarbeitung zu fertigen, ohne hier an der Leserlichkeit der Prüfungsleistung zu verlieren. 

Die Steuerberaterprüfung stellt eine Kombination aus geballter Abfrage gelernten Wissens, fallbezogener Anwendung und körperlicher Ausdauer dar. Wer die notwendige Routine im Schreiben von Klausuren hat, weiß, in welcher Form der Lösungsweg dargestellt werden muss, um die notwendigen Bewertungspunkte zu erhalten. Durch gut trainierte  Klausurtechnik verfügt man über das notwendige Zeitmanagement, die Kenntnisse über die erforderlichen Formulierungen des Lösungsweges und stellt zudem auch sicher, dass diese drei Prüfungstage auch mental und körperlich durchgehalten werden.

Tipps zur Lernplanung und Vorbereitung erhalten Sie hier: Erfolgreiche Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung

Der lernpsychologische Vorteil

Hier haben zwei Berufsgruppen einen entscheidenden Vorteil. Die Diplom-Finanzwirt*innen sind sowohl theoretisch wie auch klausurtechnisch bereits bestens durch die Ausbildung in der Finanzhochschule auf die vom Bundesministerium der Finanzen gestellte Steuerberaterprüfung vorbereitet. Die entscheidende Klausurerfahrung wurde hier bereits in einem dreijährigen Vollzeit-Studium trainiert, während dem Großteil der Teilnehmenden der Steuerberaterprüfung lediglich ein Zeitraum von 12-15 Monaten neben der beruflichen Tätigkeit zur Verfügung steht.

Aber auch die Steuerfachwirt*innen haben durch ihre Vorbildung einen ähnlichen Vorteil in der Steuerberaterprüfung. Zum einen sind die Prüfungsgebiete der Steuerfachwirtprüfung nahezu identisch mit den Prüfungsgebieten der Steuerberaterprüfung. Zwar werden die Prüfungsgebiete in der Steuerberaterprüfung in einer erheblicheren Tiefe abgefragt, dennoch profitieren Steuerfachwirt*innen unbewusst von der für das Grundverständnis erreichten, didaktischen Wiederholung der Prüfungsfächer, welche aus lernpsychologischer Sicht ein erheblicher Vorteil ist. Hinzu kommt, dass auch der Prüfungsaufbau dem der Steuerberaterprüfung ähnelt. Auch bei der Steuerfachwirtprüfung wird das umfangreiche Wissen fallbezogen in drei Tagen in einer sehr langen Bearbeitungszeit (hier 4 bzw. 5 Stunden) abgefragt. Wer sich richtig auf die Steuerfachwirtprüfung vorbereitet, trainiert die Klausurarbeit insoweit bereits im gleichen Maße, wie es für die Prüfung Steuerberater*in notwendig ist. Die Steuerfachwirtprüfung kann daher wie eine kleine Generalprobe für die Steuerberaterprüfung gewertet werden. Die strukturierte und intensive Vorbereitung, die für eine erfolgreiche Steuerberaterprüfung notwendig ist, fällt den Steuerfachwirt*innen insoweit auch viel einfacher als Leuten aus der Praxis, welche neu in die Klausurarbeit einsteigen.

Fazit

Vorbildung allein reicht nicht aus, um in der Steuerberaterprüfung erfolgreich zu sein. Die Prüfungsgebiete müssen theoretisch in der für die Steuerberaterprüfung notwendigen Tiefe erschlossen und in einer soliden Klausurroutine trainiert werden. Die Statistik belegt, dass die Weiterbildung Steuerfachwirt*in fachlich wie auch klausurtechnisch eine sehr gute Grundlage für die Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung ist. Die Steuerfachwirt*innen sind die „kleinen Steuerberater*innen“ und auf dem idealen Weg zum erfolgreichen Steuerberaterexamen.

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*Quelle: Die Daten sind den Aufsätzen von  Dr. Rennebarth, Die Ergebnisse der Steuerberaterprüfung 2018/2019, DStR 2019, 2052 und Die Ergebnisse der Steuerberaterprüfung 2017 / 2018, DStR 2018, 2044 entnommen.


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